Unnützes Wissen zum Angeben

Im Urlaub hat man viel Zeit nachzudenken. Wenn man aber im Jahre 2017 lebt, hat man noch mehr Zeit, um zu googeln. Oft ist Google wie eine Packung Dragee Keksi: Man würde gerne aufhören, kann aber nicht. In meinem Fall endet das dann in einem großen Überfluss an Informationen, die niemanden interessieren, aber die man einfach gerne loswerden würde. Deshalb gibt es heute von mir…

10 unnütze Fakten, die man trotzdem nie wieder vergessen wird

1.Nicht überall in Europa werden die Uhren auf Sommerzeit umgestellt.

Die Isländer pfeifen schon seit 1968 auf die Zeitumstellung. 2011 folgt Weißrussland und 2014 Russland. In diesen Ländern herrscht die ewige „Winterzeit“.

2.Nutella hat einen Lichtschutzfaktor von 9,7

Empfehlenswert ist der beliebte Brotaufstrich als Sonnencreme trotzdem nicht. Nutella klebt, zieht nicht richtig ein und lockt Insekten an. Außerdem ist eine Sonnencreme erst ab LSF 20 wirklich schützend.

3.Der Eiffelturm ist im Sommer höher als im Winter.

Eisen dehnt sich bei Hitze nämlich aus und somit ist das Wahrzeichen sogar 15 bis 30 Zentimeter höher als im Normalzustand.

4.Man muss ungefähr 50 Mal am Eis schlecken, bis man es aufgegessen hat.

Kann man gerne austesten, es gibt weitaus schlimmere Selbstversuche!

5.In Japan können auch Stofftiere Urlaub machen.

Das japanische Reisebüro Unagi Travel schickt Teddy & Co auf Urlaub. Besitzer*innen können die Reise des Bärchens über Facebook mitverfolgen. Super Idee für alle, die selbst keine Zeit für eine Reise haben.

6.1905 wurde das Eis am Stiel erfunden.

Der kleine Frank Epperson ließ seine hausgemachte Limonade im Winter draußen stehen und vergaß einen Stiel im Glas. Voila, die Geburtsstunde für Jolly, Twinni & Co.

7.Wenn wir schon bei Eis sind: „Baby Gaga“ist eine Eissorte aus Muttermilch.

Diese erfreute sich in einem Londoner Café zwar bei den Gästen an großer Beliebtheit, wurde aber nach kurzer Zeit von den Behörden verboten.

8.In den Ferien sinkt der IQ.

Aber keine Panik, selbst in den neun Wochen Sommerferien geht Studien zufolge nicht mehr als ein IQ-Punkt verloren – und der ist im Rest des Schuljahres schnell wieder eingeholt. Bei den meisten Personen jedenfalls…

9.Die Sonne macht fast 100 Prozent unseres Sonnensystems aus.

Wir sind also eigentlich Sonne. Oder die Sonne 109 Mal die Erde. Wie man sich das eben besser vorstellen kann!

10.Der Frisbee wurde in den 1870er Jahren erfunden…

…und war eigentlich als Blechtortenplatte gedacht. Die Bäckerei „Frisbe Pie Company“ verkaufte Kuchen in runden Tortenformen. Mit den weggeworfenen Tortenformen begannen Kinder vor der Bäckerei zu spielen und erfanden dadurch den heutigen Frisbee.

 

Viel Spaß beim Angeben mit eurem neuen Wissen und eine schöne, restliche Sommerzeit!

Eure Melanie

Ein Besuch bei Bernd Boßmann

Könnt ihr euch noch an den Beitrag erinnern, den ich im Januar 2016 gepostet habe, in dem es um das Thema „Sternenkinder“ ging? Nein? Dann könnt ihr hier den Text nachlesen.

Mein Artikel damals handelte vom „Garten der Sternenkinder“ und Bernd Boßmann, der das Projekt ins Leben gerufen hatte. Es war eines meiner ersten Interviews und ich war natürlich aufgeregt und top vorbereitet. Letzteres hat mich gelehrt, das eine gute Vorbereitung nicht immer von Vorteil ist, denn von meinen Fragen, die ich aufgeschrieben hatte, habe ich genau eine gestellt. Der Rest war spontan und aus dem Kontext heraus. Alles kann man eben nicht recherchieren!

Vor ein paar Tagen, also eineinhalb Jahre später, war ich mit einer Freundin wieder auf dem alten St.-Matthäus-Kirchhof, um Bernd zu treffen. Eigentlich war unser Gespräch für eine Uni-Prüfung bestimmt, da sich aber die Aufgabe geändert hatte, lag  das dann natürlich nicht mehr im Fokus unseres Treffens. Trotzdem habe ich mich sehr gefreut, ihn wiederzusehen.

Unseren Besuch habe ich vorher telefonisch angekündigt, viel zu groß ist die Gefahr, dass Bernd nicht anzutreffen ist. Bestatter, Theater-Chef, Gründer eines Friedhofcafés: Logisch, dass man da viel um die Ohren hat. „Du musst schon ein bisschen Zeit mitbringen, du weißt doch, wenn ich einmal quatsche, dann lange“, meinte er also schon im Voraus. Diesmal habe ich mich dann auch einfach nicht darauf vorbereitet. Zuhören und nachdenken war die Devise.

„Ihr Journalisten habt das noch immer mit dem Siezen, oder? Also ich sieze eigentlich nur Leute die ich nicht mag. Bankberater zum Beispiel“, waren Bernds erste Worte an mich.  Das versteckte Angebot um uns zu Duzen, fühlte sich irgendwie an als hätte ich einen Freund wiedergetroffen, den ich jahrelang nicht gesehen habe. Und Freunde, die man jahrelang nicht gesehen hat, haben natürlich auch immer viel erlebt in der Zwischenzeit. Auf die Frage, wie sich das Projekt mit den Friedhof für Sternenkinder entwickelt hat, seufzte Bernd nur: „Leider sind sehr viele Eltern von solchen Schicksalen betroffen. Aber natürlich, der Garten der Sternenkinder wird nach wie vor in Anspruch genommen und wir erweitern ihn regelmäßig.“

Während unserem Gespräch haben wir uns auch mitten im „Garten der Sternenkinder“ gesetzt. Für mich eine eher komische Situation, aber Bernd erzählte mir, dass auf diesem Friedhof sogar Feste gefeiert werden, also zwischen den Gräbern. „Der Tod trifft uns früher oder später alle, und jeder geht anders damit um. Aber deshalb soll er auf keinen Fall ein Tabu werden oder etwas, wovor man Abstand halten muss!“, meinte er als er meinen etwas kritischen Blick sah. „Am schlimmsten ist es immer, wenn Kinder zurechtgewiesen werden, die etwas lauter sind oder am Friedhof spielen möchten“, so Bernd. Denn Kinder haben ihren eigenen Trauerprozess und können in solchen Momenten gar nicht begreifen, warum sie jetzt zurechtgewiesen werden.

„Eine Geschichte hat mich besonders berührt: Eine Mutter kam einmal zu mir, die gerade ihr zweites Kind verloren hatte. Ihr kleiner Sohn, der sie begleitete, spürte natürlich von Anfang an, dass da etwas nicht stimmt. Als die Mutter dann vor lauter Trauer tränenüberströmt am Boden kauerte, hat sie der Kleine rührend getröstet und für mich wie ein Erwachsener gewirkt. Es war herzzerreißend“, schilderte Bernd.

Da saßen wir also, mitten auf dem Friedhof und während Bernd mir Geschichten erzählte, wir über Kindererziehung diskutierten und dann im Endeffekt doch über Gott und die Welt sprachen , wurde die Situation für mich immer surrealer. Was habe ich früher gelernt? Auf dem Friedhof muss man leise sein. Ein düsterer und trauriger Ort, der nicht dazu einlädt, länger zu bleiben als man eigentlich muss.

Bernd hingegen hat mir ein bisschen die Augen geöffnet. Nicht alles, was man in jungen Jahren gelernt hat, stellt sich als richtig heraus. Also gibt es hoffentlich irgendwann ein nächstes Treffen mit Bernd. Wieder mitten auf dem Friedhof!

Bis bald,

Melanie

Ein ganzes Jahrhundert

1922-Fasziniert starre ich noch immer auf die Jahreszahl. Zweimal rechne ich, um mir wirklich sicher zu sein. Im Oktober 2016 wird Anton Plattner 94 Jahre alt. 94 Jahre voller Arbeit und Angst, aber auch voller Glück und Dankbarkeit. Auf dieses Leben zurückzublicken gleicht einer Märchenstunde. Ein Märchen, welches ein gutes Ende nehmen durfte…

Von der Nachkriegszeit in den nächsten Krieg

Als drittes von neun Kindern wurde Anton Plattner 1922 in Terlan, einem Dorf in Südtirol, geboren. Der erste Weltkrieg liegt nur einige Jahre zurück, die Italianisierung ist im vollem Gange. In der Schule und in der Öffentlichkeit wurde nur Italienisch gesprochen, Deutsch war verboten. „Mein Vater hätt‘ uns aber bei den Ohren gezogen, wenn wir daheim nicht Deutsch gesprochen hätten“, so Plattner.

Im Jahre 1935, mit 13 Jahren, wurde Anton Plattner von zu Hause weggeschickt, um beim Hof des Großbauern Kroaner zu arbeiten. Als siebtes und damit auch fremdes Kind in der Familie hieß es oft: „Bua tu dies, Bua tu das.“ Aber trotz der vielen Arbeit auf der Landwirtschaft war es der Bäuerin wichtig, dass die Lernerfolge in der Schule stimmten. So verfolgte Anton Plattner einen Alltag über Jahre hinweg, der sich aus Schulbildung und Arbeit zusammensetzte. Eine Bezahlung für das Schuften gab es nicht, lediglich Kost und Quartier wurden geboten, sowie die getragene Kleidung der älteren Kinder am Hof. Gern erinnert sich Anton Plattner noch an ein besonderes Ereignis zurück: „Einmal wurde mir ein ganz neuer Anzug mit soliden Schuhen gekauft. Ich fühlte mich damals wie ein richtiger Gentleman!“

Der Beginn einer langen Reise

Im Mai 1939 wurde die Bevölkerung Südtirols vor die Wahl gestellt: Entweder man entschied sich für das Deutsche Reich oder man bleibt ohne ethnischen Minderheitsschutz in der Heimat unter der Führung Mussolinis. Herr Plattner durfte im Alter von 17 Jahren noch nicht für sich selbst entscheiden, so wurde er mit seiner Familie nach Österreich gebracht. „Ich wäre nicht nach Österreich gegangen. Ich hatte am Bauernhof alles und ich konnte alles. Aber im Konsulat wurde bestimmt, dass ich mit meinen Eltern mitgehen muss. Mein Vater hat sich für Hitler und das Deutsche Reich entschieden. Die Bauersleute, bei denen ich arbeitete, stimmten für Mussolini und blieben in Italien. Verständlich, bei diesem schönen Besitz“, erklärt Plattner.

Die Reise der Familie Plattner in die neue Heimat Kainach in der Steiermark dauerte eine Woche. Der Vater hatte Verwandte in Graz und gab die Steiermark als sein Wunschziel in Österreich an. Dort angekommen schickte man Anton Plattner mit seinem Bruder Martin zum Arbeitsamt. Den jungen Männern wurde erklärt, dass sie sowieso in den Krieg eingezogen werden. Wer sich aber freiwillig für die Wehrmacht meldete, wurden sowohl Wohnung auch als Arbeit nach dem Krieg versprochen. „Am 10. August 1940 war meine Musterung und am 1. Februar 1941 wurde ich der Deutschen Wehrmacht übergeben. Es ging alles sehr schnell!“, erinnert sich Anton Plattner.

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Anton Plattner zu Hause in Kainach. ©Melanie Köppel

Das Interview

Anton Plattners Geschichte faszinierte mich von Anfang an. Umso mehr freut es mich, dass ich ihn und seine Frau Ella besuchen durfte. Mit einer Flasche Wein in der Tasche klingelte ich also an seiner Haustür. „Die Schuhe kannst‘ gern anlassen, ich bin der Hausmann“, begrüßte er mich fröhlich und ich folgte ihm in die Küche, wo auch seine Ehefrau schon wartete. „Da werd‘ ich auf meine alten Tag nochmal rauschig!“, schmunzelte er, als ich ihm die Flasche Wein gab und unser Gespräch konnte beginnen…

Sie sind Zweisprachig aufgewachsen, aber dann mit 17 nach Österreich gekommen. Haben Sie Italienisch jemals wieder gebraucht? Können Sie es noch?

, sì signorina, parlo italiano! (lacht) Aber gebraucht habe ich es eigentlich nicht mehr. In der Gefangenschaft in Amerika habe ich dann noch etwas Englisch gelernt. Nach dem Arbeiten mussten wir immer eine Stunde lernen, aber im Schreiben war ich ganz schlecht. I speak no English! (lacht)

Was war ihr schlimmstes Erlebnis als Soldat? Wenn man überhaupt ein einziges als Schlimmstes definieren kann.

Wir Soldaten wurden in zwei Truppentransporter eingeschifft: Einmal der Transporter „Donau“, in dem ich war und der zweite hieß „Ibizzia Laura“. Am fünften Tag dieser Schiffsfahrt wurden wir auf offener See in der Nähe von Kirkenes (Norwegen) von Torpedos der Engländer getroffen. Es war der 30. August 1941 gegen 17:30 Uhr, als die „Donau“ angegriffen wurde, sofort in der Mitte brach und innerhalb drei Minuten versank. Ich war mit meinem Kameraden Bertl Plank im ersten Deck in der Nähe der Treppe. Die Schwimmwesten hatten wir als Kopfkissen für unser Nachtlager benutzt und in meinem Schrecken hatte ich die einfach liegen gelassen. Das Schlimmste an dieser Situation war, dass ich nicht schwimmen kann. Ich traute mich nicht, einfach ins Meer zu springen und die Rettungsboote waren alle demoliert…

Sind Sie trotzdem gesprungen?

Nein, ich glitt an einem Seil ins Wasser, weil die Kameraden von oben drängten. Verständlich, wir hatten auch nicht viel Zeit. Ich habe auch sofort Wasser geschluckt und wurde in die Tiefe gezogen. Das Nächste, an das ich mich erinnern kann, ist, dass mich ein Kamerad im Schwitzkasten, und mir regelmäßig mit voller Wucht auf den Kopf geschlagen hatte. Ich hatte so viel Salzwasser geschluckt, allein daran hätt‘ ich sterben können. Der Kamerad trug eine Schwimmweste und schrie die ganze Zeit: „Gib Ruh‘, gib Ruh‘!“ Ich kann mich heute noch an die Rufe der verzweifelten Soldaten im Wasser erinnern. Mein unglaubliches Glück war, dass ich nach einer halben Stunde im Wasser auf ein Kriegsschiff von unserem Verband von ein paar Matrosen hochgetragen wurde. Bertl wurde auch gerettet und wir sind uns um den Hals gefallen, als wir uns wiedergesehen haben.

Frau Plattner, die auch am Tisch sitzt und gespannt zuhörte, fragte mich kurz, wie mein Nachname lautet. „Schau, du hasts auch nicht mehr g’wusst“, sagte sie zu ihrem Mann. „Wennst du 100 Jahr alt bist, vergisst halt auch mal was!“, entgegnete dieser nur lächelnd. Das holte mich kurz wieder in die Gegenwart zurück, denn beim Erzählen wirkt Herr Plattner nicht wie fast 100…

Wie viele Kameraden haben diesen Angriff nicht überlebt?

Von den 1000 Kameraden, die am Schiff waren, haben es 600 nicht geschafft. Ich hatte bei dem Unglück Gott „angerufen“ und versprochen, dass ich jeden Sonntag in die Kirche geh‘, wenn ich das überlebe. Ich bin so dankbar, dass ich das überstanden hab‘. Mein Versprechen habe ich gehalten, jedoch, wenn ich es manchmal nicht mehr in die Kirche schaffe, dann höre ich die Messe im Radio.

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Anton Plattner hat seine Erinnerungen selbst niedergeschrieben. ©Melanie Köppel

Wurden Sie während des Krieges jemals krank?

In Russland hat mich die Gelbsucht erwischt. „Oh, weg weg, sonst krieg‘ ma alle die Gelbsucht!“, hat der Arzt damals gerufen und mich in ein Not-Lazarett nach Witebsk (Weißrussland) verwiesen. Da waren schon mindestens 20 Soldaten mit Gelbsucht und auch Verwundete.  Links lagen die Männer mit Gelbsucht und rechts die Verwundeten. Nach ein paar Wochen kam ich in das Heimatlazarett nach Warschau. Innerhalb vier Monaten war ich wieder geheilt. Medikamente oder Ähnliches gab es nicht, also musste sich mein Körper von allein erholen.

Wie ging es weiter?

Nachdem ich 10 Tage Heimaturlaub erhielt und danach zurückmusste, meldete ich mich freiwillig, um in Afrika einzuziehen. Mir wurde bewusst, dass ich aus Russland nie mehr lebend heimkommen würde, da ich sehr schwach war. Der Weg nach Afrika war schon sehr anstrengend.  Habidere, da hatte ich schon das Gefühl, dass das alles nicht gut gehen wird. Mit dem Güterzug ging es durch Italien bis nach Sizilien, danach mit dem Flugzeug weiter nach Tunis. Eigentlich wollten wir nach Tripolis, aber da in dieser Gegend die Engländer kämpften, waren wir schon beim Eintreffen zum Rückzug gezwungen. Am 11. Mai 1943 gegen 10:30 Uhr haben uns die Amerikaner schlussendlich in Gefangenschaft genommen.

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Die Route, die Anton Plattner während des Krieges zurücklegte. ©Anton Plattner

Wie haben Sie kommuniziert? Englisch haben Sie doch erst in Amerika gelernt…

In jedem LKW der Amerikaner war mindestens ein Deutschsprachiger. Der hat uns erklärt, wie wir uns verhalten sollen. Das war auch meine Gewissheit, dass es jetzt aus ist. „Wenn einer was tut, dann erschießen wir euch alle!“, hat der immer wieder gerufen. Dann wurden wir alle auf einen LKW verladen und Richtung Durchgangslager gebracht. Lager ist übertrieben, denn eigentlich wurden wir nur von einem Stacheldrahtzaun umrundet, an dem hunderte Schwarze mit Maschinengewehren standen. An diesem Tag hab ich zum ersten Mal einen Schwarzen gesehen!  Wilde Burschen waren das. Am nächsten Tag haben wir dann alle eine Gefangenennummer um den Hals bekommen. Ich hatte die 46500, bei den Zehner-Zahlen bin ich mir unsicher. Mit dieser Nummer haben wir dann zwei Packerl Kekse, etwas Dosenfleisch und eine Flasche Zitronenwasser bekommen.

Wann kamen Sie dann endgültig nach Amerika?

Am 14. August 1943 wurde ich in New York eingeschifft, danach ging es weiter nach Alabama, wo wir am 27. August mit dem Zug eintrafen. Dort wurde ich wieder in ein Lager gebracht, welches wirklich schön und sauber war. In dem Lager mussten wir alle 10 Stunden täglich arbeiten. Im Sommer bei der Erdnussernte, im Winter im Holzschlag, wo wir Telegrafenmasten stockten. Wenn wir bei der Erdnussernte nicht gebraucht wurden, wurden wir im Steinbruch eingesetzt. Ich kann mit der Gabel umgehen, also war die Erdnussernte für mich eine leichte Aufgabe, denn man macht das wie bei den Heuhiefler. Einmal war ich mit meinen Kameraden schon mit 25 Hiefler fertig, da kam unser Chef in einem weißen Cadillac. Das war ein Auto! Der versprach uns Coca-Cola und eine Tafel Schokolade, wenn wir noch weiterarbeiten würden. Innerhalb einer Stunde war er zurück und wirklich jeder bekam etwas. „Good boys, good boys!“, hat er dann immer gerufen. Das war mein erstes Cola in meinem Leben!

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Als Kriegsgefangener in den Vereinigten Staaten. ©Anton Plattner

Wann sind Sie dann wieder nach Hause gekommen?

Der Krieg dauerte bis zum 8. Mai 1945, da  durften wir aber noch nicht heim, da uns gesagt wurde, das es zu Hause nichts zum Essen gibt. Erst im April 1946 wurde ich nach Liverpool gebracht. Dort musste ich Putzarbeit und Straßenreinigungen erledigen. Wir dachten alle, dass wir sofort nach Hause konnten, aber wir durften noch nicht. Mitte Mai hieß es dann plötzlich: Wer Österreicher ist, soll sich am nächsten Tag sofort in der Schreibstube melden. Die Freude war so groß als ich erfuhr, dass ich endlich heim darf. Die Reise bis in die Steiermark dauerte bis 19. Juli 1946, wo ich im Entlassungslager in Feistritz eine Fahrkarte und 50 Schilling Wegzehrung erhielt.  Am 20. Juli kam ich endlich in Kainach an und meine Reise hatte ein Ende.

Haben Sie Ihren Kameraden, den Bertl Plank, wiedergesehen?

Ja, unsere Wege haben sich nach Russland getrennt, aber wir haben uns dann nach dem Krieg wiedergetroffen. Da war ich ihn besuchen und hab ihn zum Essen eingeladen. Den hat’s viel schlechter erwischt als mich. Er war in Gefangenschaft in Jugoslawien, also im heutigen Slowenien. Den ganzen Tag hat er nur Wasser und Brot gekriegt, da hab‘ ich dagegen wirklich gut gelebt.

Nach guten drei Stunden in der gemütlichen Küche der Familie Plattner wurde es für mich an der Zeit zu gehen. Doch eine letzte Frage kam mir noch auf:

Was sagen Sie denn heute darüber?

Ich hoff‘, dass so ein Blödsinn nicht nochmal passiert! Irgendwann müssen die Leut‘ ja gescheiter werden…

Irgendwann, hoffentlich.

Eure Melanie