Ehe für alle

Am 17. Mai 1990 traf die WHO (Weltgesundheitsorganisation) die Entscheidung, Homosexualität nicht mehr als psychische Krankheit anzusehen. Heute, rund 27 Jahre später, wurde im deutschen Bundestag beschlossen, dass auch gleichgeschlechtliche Paare heiraten dürfen. Bei 623 abgegebenen Stimmen sprachen sich 393 Abgeordnete für die rechtliche Gleichstellung homosexueller Paare aus.

Das Thema dieser Abstimmung steht nicht erst seit kurzem zur Debatte und hat im Vorfeld schon ziemlich viele, „schlagfertige“ Gegenargumente hervorgezaubert. Von „Mimimimi, das ist doch gegen die Natur, mimimi“ bis zum Familienvorschlag der AfD trieben es die Politiker*innen bunter als auf der Regenbogenfahne. Aus diesem Anlass hier:

Die zehn „schönsten“ Argumente gegen die Ehe für alle

1. „Die Ehe ist ein Bündnis zwischen Mann und Frau! Das war schon immer so.“

Die Erde ist eine Scheibe! Das war schon immer so. Folter ist eine super Methode um Informationen zu kriegen! Das war schon immer so. Frauen dürfen nicht wählen! Das war schon immer so. Alles ganz logisch, oder?

2. „Die Ehe dient der Fortpflanzung.“

Okay, wenn das so ist, dann müssten  alle Paare, die heiraten wollen, ihre Fruchtbarkeit medizinisch belegen lassen. Außerdem müsste dann ein Gesetz entworfen werden, welches bestimmt, in welchem Zeitraum nach der Eheschließung das erste Kind geboren werden muss. Sonst macht das alles keinen Sinn!

3. „Das Kindeswohl muss geschützt werden.“

Bei solchen Argumenten denkt man doch gerne an „Teenie-Mütter“ oder „Teenager werden Mütter“ und fragt sich, wo die ganzen Moralapostel in diesem Fall bleiben. Außerdem gibt es viele Kinder und Jugendliche, die sich eine Familie wünschen und diese erst durch Adoption bekommen können. Da es in der gleichgeschlechtlichen Ehe theoretische zu keiner Fortpflanzung kommen kann, haben so viele Kinder eine Chance auf eine Familie. Übrigens beweisen Studien, dass es Regenbogenkindern nicht schlechter geht als Kindern in einer „heterosexuellen Familie“.

4. „Dann könnte man auch Vielehen erlauben.“

Wo auch immer dieses Argument herkommt: Mit einem Verbot der gleichgeschlechtlichen Ehe, wo es wie bei der heterosexuellen Ehe um ZWEI Menschen geht, die sich lieben, diskriminiert man auch die sexuelle Orientierung der einzelnen Person. Somit lässt sich eine homosexuelle Ehe gar nicht gleichschließen mit einer Vielehe. Denn hier können die Personen (zumindest einmal) verheiratet sein.

5. „Es gibt doch die eingetragene Lebenspartnerschaft.“

Ja, aber in dieser sind die Rechte der beiden Partner*innen wiederum  anders als in der Ehe. Und warum sollte man jemanden Rechte wegnehmen, nur weil sie/er sich in eine/n Frau/Mann verliebt hat?

6.“Aber in der Bibel steht, das…“

Das Eva aus der Rippe Adams gezeugt wurde? Sind die beiden dann nicht verwandt? Wie auch immer,  ich bezweifle stark, dass Gott Waffen, Kriege und ähnliches gut heißt, und sich gegen Liebe aussprechen würde.

7.“Die Ehe steht im Grundgesetz. Eine Änderung wäre verfassungswidrig.“

Well played, immer schön auf das Grundgesetz zurückgreifen, da kann man nichts falsch machen. Blöd nur, wenn das einzig und allein „Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung“ steht. Wer nun wen heiraten darf, ist darin aber nicht festgelegt und eine Änderung somit unnötig.

8. „Das spricht gegen die deutsche Leitkultur.“

Döner essen, Mode aus Italien tragen und sich nicht in einer Schlange anzustellen dann auch.

9. „Das ist gegen die Natur.“

Liebe ist eine (komplizierte) biochemische Reaktion im Körper eines Menschen ausgelöst durch Hormone. Also sehr natürlich. Was allerdings gegen die Natur sprich sind Autos, Plastik und Herzschrittmacher. Noch Fragen?

10. „Das kann man nicht machen.“ – Hedwig von Beverfoerde

Naja, liebe Frau von Beverfoerde, irgendwie schon, wie sie vermutlich mitbekommen haben!

Traurig eigentlich, dass im Jahre 2017 Diskriminierung und Benachteiligung noch immer mit solchen Argumenten verteidigt werden. Man muss selbst nicht homosexuell sein, um die Rechte anderer einzufordern. Denn schlussendlich geht es um Liebe und nichts anderes. Vielleicht versteht das auch Österreich irgendwann.

Bis bald,

Melanie

 

nr-Jahreskonferenz 2017

Dieses Wochenende fand die diesjährige Netzwerk-Recherche-Jahreskonferenz zum Thema „Leiden schafft Recherche“ auf dem NDR-Gelände in Hamburg statt. Und was soll ich sagen? Nicht nur der Header der Veranstaltung klingt komplex, sondern auch die Vorträge, Workshops und Diskussionen hatten es in sich.

Als angehende*r Journalist*in blickt man immer wieder mit einer gewissen Ehrfurcht zu den „alten Hasen“ im Business auf. Wird mir die „Story meines Lebens“ auch einmal in die Arme fallen? Oder werde ich ewig bei einer Lokalzeitung sitzen und mich darüber freuen, wenn alle paar Jahre ein neuer Bürgermeister gewählt wird, damit ich ein Interview führen kann? Bitte nicht falsch verstehen: Das ist ebenso eine Arbeit, die einen erfüllen kann. Aber vor allem, wenn man jung ist und für diesen Beruf „brennt“, hat man ganz andere Ziele und somit auch insgeheime „Vorbilder“.

Umso aufregender war es natürlich, diese dann auch in Hamburg zu treffen. Ob nun Franziska Augstein, Hans Leyendecker, Ingo Zamperoni oder Armin Wolf: So viele verschiedene Meinungen treffen selten aufeinander. Zuhören, mitreden und das alles auf Augenhöhe ist meiner Meinung nach für einen gewissen Lernprozess viel wichtiger, als Vorlesungen in der Universität. Denn noch kein*e gute*r Journalist*in ist vom Büro aus schlau geworden. Und das ist nur eine der wenigen Erkenntnisse, die ich dieses Wochenende gesammelt habe.

Ob ich nun meine ganzen Eindrücke auf einen Punkt bringen kann? Ehrlich gesagt würde ich es sehr traurig finden, wenn ich das könnte. Nach spannenden Diskussionen war ich selbst oft zwiegespalten und ich bin noch immer verblüfft, wie verschieden man Themen aufbereiten und dann verbreiten kann. Als Journalist trägt man diese Verantwortung mit sich. Denn ich habe auch gelernt, dass ein Fehler nicht nur eine Fehlinformation für die Rezipient*innen bedeutet, sondern auch Leben zerstören kann. Dass Aktivismus und Journalismus schwer zu trennen sind und dennoch trennbar sein müssen. Und auch, dass eine einheitlich neutrale Haltung ein Wunschgedanke ist, hinter dem sich viele gerne verstecken.

Ich verbleibe jedenfalls mit der allerwichtigsten Erkenntnis, die ich von diesem Wochenende mitgenommen habe: Der beste Lehrer ist die Lebenserfahrung. Das ist so und wird auch immer so bleiben!

Bis bald,

Melanie

Österreich raucht aus

Eines der letzten „Raucherparadiese“ Europas: Ein fragwürdiges Kompliment für Österreich, vor allem anlässlich des Weltnichtrauchertages am 31.05.2017. Letztes Jahr wurde nach langem hin und her beschlossen, dass ab Mai 2018 in Österreich alle öffentlichen Orte, wo Speisen und Getränke hergestellt, verarbeitet, verabreicht oder konsumiert werden, rauchfrei sein müssen.

Jeder Österreicher kennt es: Man geht am Samstag „eh nur einen Sprung fort“ und wacht Sonntag dann mit fünf neuen Brandblasen und als lebende Tschick wieder auf. Im Endeffekt bereut man nicht das letzte Glas Spritzer, sondern viel mehr die Tatsache, dass man die ganze Kleidung im Schlafzimmer liegen gelassen hat. Die lässt sich übrigens super wiederverwenden, in dem man sie nochmal anzieht um für das Mittagessen ins Gasthaus zu gehen. Vorausgesetzt, man hat sich am Vortag nicht ang’spieben, eh kloa!

Außerdem ist es selbstverständlich, dass man in Österreich ab 16 Jahren Zigaretten kaufen darf. Der ganze Spaß soll aber auch ein Ende finden: Laut einem Beschluss der Jugendreferent*innen der Bundesländer soll das Alterslimit für den Zigarettenkauf auf 18 Jahre angehoben werden, und das Mitte 2018. Übersetzt: Die Jahrgänge nach 2000 können sich jetzt das Anfangen mit dem Rauchen ersparen, weil es schließlich noch dauert, bis sie ihre eigenen Tschick kaufen können. Oder die älteren Jahrgänge nutzen das Privileg der Volljährigkeit und handeln mit Zigarrettenpackungen á la „Oida, i hätt do wos für di, nur 10 Euro pro Packerl!“ Über die moralische Vertretbarkeit muss natürlich jeder selbst entscheiden.

Die Meinungen über die neuen Beschlüsse sind natürlich nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch in der Politik geteilt. Während SPÖ-Gesundheitssprecher Erwin Spindelberger 2016 von einem „historischen Beitrag zur Steigerung der Gesundheit der Menschen in Österreich“ sprach, argumentierte die damalige Klubobfrau des Team Stronachs Waltraud Dietrich damit, dass man  „nicht alles, was die Gesundheit gefährdet, aus dem Leben entfernen kann.“ Was Alexander van der Bellen als Bundespräsident und bekennender Kettenraucher dazu sagt, würde den einen oder anderen vielleicht auch interessieren.

Die einzige Frage, die ich mir nun stelle: Warum dauert das alles so lange? Warum müssen Gastronomie-Betriebe zuerst in getrennte Raucher-Lokalteile investieren, wenn sie ein paar Jahre später sowieso alles auf Nichtraucher umstellen müssen? Warum kann das Jugendschutzgesetz nicht so schnell wie möglich geändert werden, sondern wird erst „irgendwann Mitte 2018“ in Kraft treten? Aber Hauptsache es kleben die unnötigen Bilder auf den Zigarettenschachteln, denn deshalb haben bestimmt schon viele mit dem Rauchen aufgehört…

Bussi Baba,

Melanie